Hülsenfrüchte und Reis bilden in Indien, dem Herkunftsland des
Ayurveda, ein wichtige Säule der Ernährung. Hier ein Auszug aus einem
Artikel über Reis, der im Magazin YOGA AKTUELL erschienen ist und viele
ayurvedische Bezüge enthält:
Reis – Zartes Korn des Lebens
Ein Königreich für ein Reiskorn – was auf saftig grünen
Reisfeldern in unzähligen filigranen Rispen gedeiht, gehört zu den
größten Schätzen der Natur
Wie ein prickelnder Schauer aus unzähligen kleinen Perlen regnet es auf
das frisch vermählte Brautpaar herab – jedes der winzigen Reiskörner
soll dem strahlenden Pärchen Fülle und Fruchtbarkeit verheißen. Reis ist
seit jeher ein Inbegriff dafür, vielmehr noch als in unseren Breiten
allerdings in den asiatischen Kulturen, wo er seit Menschengedenken die
Nahrungsgrundlage schlechthin darstellt. Voller Wertschätzung und
Dankbarkeit begegnen dort die Menschen dem Reis, der noch heute
vielerorts traditionell von Hand angebaut wird, und jedes Körnchen, das
die Reisbauern auf diese Weise gewinnen, wird wie ein kleiner Schatz
empfunden. Und in der Tat ist Reis Korn für Korn eine Kostbarkeit.
„Heute schon Reis gehabt?“… so lautet in Thailand die Frage nach
dem Befinden. Reis – Grundnahrungsmittel, Fruchtbarkeitssymbol und
Opfertribut an die Götter, eine Gabe der Natur, die für Millionen von
Menschen essentielle Bedeutung hat. Dieses göttliche Geschenk in
filigraner Körnerform ist zugleich einfach und doch von ungeheurer
Vielfalt.
Zehntausende verschiedene Sorten der Nahrung spendenden Reispflanze
gedeihen auf der Erde, genauere Angaben dazu gehen auseinander. 90
Prozent des weltweiten Ertrags werden in den asiatischen Ländern
angebaut, in denen der Reis auch seine Wiege hat. Allein China
produziert pro Jahr etwa 145 Millionen Tonnen Reis, und in einigen
Ländern wie z.B. Myanmar beträgt der jährliche Durchschnittsverbrauch
eines einzigen Menschen nahezu 200 kg.
Im Bemühen um die Verbesserung der weltweiten Ernährungslage spielt
Reis eine maßgebliche Rolle, die in der Zukunft noch wachsen wird. Und
auch in uralten Zeiten wusste man schon die nährenden Qualitäten des
Reiskorns zu schätzen, dessen Kultivierung später in weiten Teilen
Asiens geradezu den Lebensrhythmus bestimmte. In Indien beispielsweise
spielte Reis als Sammelpflanze schon im Mesolithikum eine Rolle, und
archäologische Funde ergeben, dass er in der berühmten Harappa-Kultur
des Indus-Tals möglicherweise bereits im sechsten, spätestens aber im
zweiten Jahrtausend v. Chr. auch angepflanzt wurde.
Kein geringerer als Gott Vishnu veranlasste die Erde dazu, den Reis
hervorzubringen, und Gott Indra brachte den Menschen bei, wie man ihn
kultivierte, so glauben zumindest die Inder und auch die Balinesen. Auf
Bali findet man auch die Verehrung einer speziellen Reisgottheit, der
altjavanisch-hinduistischen Göttin Devi-Shri: Ihr sind alle wichtigen
Zeremonien geweiht, die den Reisanbau von der Aussaat bis zur Ernte
begleiten, wobei ihr in mannigfaltiger Form Reisgaben dargebracht
werden.
Ein weiteres Ritual ist z.B. das Umranden der Felder mit
Reiskörnern, das böse Geister fernhalten soll. Auch die Burmesen
schenken dem Reis ganz besondere Wertschätzung – schließlich ist er
nicht nur ihre Ernährungsgrundlage, sondern spielt bereits in ihrem
Schöpfungsmythos eine bedeutsame Rolle. Und nach japanischen Legenden
ist er buchstäblich ein Geschenk des Himmels, von wo ihn die Vögel zu
den Menschen herabtrugen. Reichhaltig ist der Fundus an Mythen und
Bräuchen, in denen der Reis im Mittelpunkt steht.
Wie sehr der Reis in das Leben der Menschen vieler Länder des Ostens
integriert ist, spiegelt sich auch in der Tatsache wieder, dass in
einigen asiatischen Sprachen nur ein einziges, gemeinsames Wort für
„Reis“ und „Nahrung“ existiert oder die Bezeichnung für Reis zugleich
die Bedeutung „Landwirtschaft“ hat.
So ein kleines Reiskorn steckt voller lebenswichtiger Stoffe: Zum
Beispiel birgt es diverse Spurenelemente in sich, und zwar vor allem
Phosphor, aber auch Eisen und Magnesium. Besonders die obere Schicht der
Reiskörner enthält außerdem die Vitamine B1 und B2 sowie ein weiteres
B-Vitamin, das so genannte Niacin, das wichtige Aufgaben für den
Energiestoffwechsel erfüllt und für Regeneration und
Feuchtigkeitsbildung der Haut benötigt wird. Ebenso geben sich Biotin,
Kalium und Zink ein Stelldichein.
Je nach Sorte besteht Reis zu etwa 75 % aus Stärke und zu ca. 7-8 %
aus Eiweiß, enthält aber nur ca. 0,5% Prozent Fett. Mit seinen komplexen
Kohlehydraten, die den Blutzuckerspiegel lange konstant halten, ist er
ein idealer Sattmacher, liegt dabei aber nicht schwer im Magen. Aufgrund
geringen Natriumgehalts eignet sich Reis sehr gut zur Entwässerung des
Körpers, wie sie z.B. bei Übergewicht und Bluthochdruck ratsam sein
kann.
Da insbesondere die Schale der Reiskörner eine bemerkenswerte
Ansammlung wertvoller Nährstoffe enthält, ist er besonders im
unpolierten Zustand eine wahre Vitalitätsquelle. Bevor sich im
Verarbeitungsprozess die Frage des Polierens stellt, wird der Reis nach
dem Ernten jedoch zunächst getrocknet und gedroschen, wodurch man den so
genannten Paddyreis erhält. Anschließend werden in einer Mühle die
Spelzen entfernt, so dass nur noch die von einem bräunlichen
Silberhäutchen umhüllten und mit einem winzigen Keimling versehenen
Körner zurückbleiben.
Dieser Braunreis, auch Naturreis genannt, ist noch mit all den
wertvollen Nährstoffen ausgestattet. Wird er nun jedoch durch
umfassendes maschinelles Polieren von Silberhäutchen und Keim getrennt
und dadurch zu weißem Reis weiterverarbeitet, geht ein beachtlicher Teil
davon verloren. Um dies zu verhindern, wurde das Parboiled-Verfahren
entwickelt, bei dem die Nährstoffe unter hohem Dampfdruck in die Körner
hineingepresst werden, bevor der Reis poliert wird. Eine Alternative zu
mit dieser Methode behandeltem Reis liegt jedoch darin, auf den
unpolierten Braunreis zurückzugreifen, der zwar gegenüber dem weißen
Reis einen leicht höheren Fettgehalt (um die zwei Prozent) aufweist,
dafür aber gleichzeitig nicht nur mehr Eiweiß und Vitamine liefert,
sondern Sie auch zusätzlich mit Ballaststoffen versorgt, die seinem
polierten Pendant – auch dem Parboiled Reis – abhanden gekommen sind.
Dank der Ballaststoffe wirkt Naturreis verdauungsfördernd und hält
besonders lange satt. Unabhängig von der Sorte hat er zumeist einen
nussigen Beigeschmack, weshalb er gerade Liebhabern dieser
Geschmacksnuance zu empfehlen ist.
Parboiled Reis hingegen erfreut sich besonders bei denen großer
Beliebtheit, die nicht gern klebrigen Reis mögen, denn da die Stärke im
Reiskorn sich während des Parboiled-Verfahrens verändert, tritt sie beim
Kochen nicht mehr so stark aus, wodurch der Reis außerordentlich locker
wird. Auch werden als Alternative zu weißem Parboiled Reis Mischungen
angeboten, die noch Keime und Kleie und somit auch Ballaststoffe
enthalten.
Cholesterin- sowie glutenfrei und nicht-allergen – gesund ist der
Reis allemal, egal für welche Variante Sie sich entscheiden. So spart
auch die ayurvedische Küche nicht an diesem Nahrungsmittel, das als
Prana-haltig geschätzt und auch wegen seiner Gewebe aufbauenden
Eigenschaft gut geheißen wird. Die Ernährungslehre des Ayurveda schreibt
dem Reis die Geschmacksrichtung „süß“ zu und betrachtet ihn besonders
für die Konstitutionstypen Vata und Pitta als sehr geeignetes
Lebensmittel, um diese geschmackliche Komponente in den Speiseplan
einzubringen. Während Kapha-Typen ihn nicht im Übermaß verzehren
sollten, wird dem Reis hinsichtlich der Doshas Vata und Pitta eine
regulierende Wirkung zugeschrieben. Menschen mit ausgeprägtem Pitta
sollten allerdings weißen Reis bevorzugen, weil der ballaststoffreiche
Braunreis ihr starkes Verdauungsfeuer unnötig schüren würde.
In polierter Form gilt der Reis hingegen als sehr bekömmlich für ein
irritiertes Verdauungssystem, und bei dominantem Pitta sind zudem die
kühlenden Effekte von Reis hilfreich. Was die Sorte betrifft, so
favorisiert der Ayurveda ganz klar Basmati Reis, jenen weltbekannten
langkörnigen Vertreter der Reisgattung, dessen klangvoller Name „der
Duftende“ bedeutet. Diese aromatische Sorte gilt der altindischen
Wissenschaft vom Leben als sattvischer König aller Reisarten.
Reis zeichnet sich als Lebensmittel natürlich auch dadurch aus, dass
er außerordentlich vielfältig kombinierbar ist. Zu Reis schmeckt
eigentlich alles und alles zu Reis.